Jeder Reiter kennt diese wunderbaren Momente: Der Winter ist vorbei, das Frühjahr kommt, und alles fängt an, grün zu werden und zu blühen. Du kommst mit deinem Pferd raus und reitest und du denkst, schöner kann es nicht sein. Du hast das Gefühl, dass das Pferd bei dir ist, und du bist bei ihm. Das ist meine Passion, in diesen Momenten stelle ich immer wieder fest: Ich habe den schönsten Job der Welt.
Meine Motivation
Die Faszination für Pferde ist es, die mich antreibt. Das ist bei mir nicht anders als bei einem passionierten Hobbyreiter oder einen Züchter, der nicht damit aufhören kann und will, über Pferde nachzudenken. Dass ich Spitzensport betreibe und von meinen Pferden auch Leistung fordere, steht außer Frage. Aber was uns Reiter jeden Tag in den Stall treibt, ist der unbedingte Wunsch, sich jeden Tag immer wieder aufs Neue mit den Pferden zu beschäftigen. Dieses nie versiegende Interesse an ihren Charakteren, ihren Eigenheiten und Talenten ist der Ursprung von allem.
Und daran ändert auch die Erfahrung nichts, dass mich Pferde immer wieder in tiefe Zweifel und manchmal sogar fast in Verzweiflung stürzen. Das ist Teil des Ganzen. Ich gehe darin auf, ein Pferd zu beobachten und eine Vision von seinen künftigen Möglichkeiten zu entwickeln. Ich kann gar nicht genug Pferde auf mich wirken lassen, am liebsten würde ich tagelang auf einer Apfelsinenkiste sitzen und mir nichts als Pferde ansehen. Das war immer so und wird immer so sein, auch dann, wenn ich eines Tages nicht mehr auf den Turnierplätzen unterwegs sein werde.
Der Erfolg ist die Krönung des Ganzen. Es macht mich stolz, dass ich mehr als dreißig Pferde erfolgreich in den Spitzensport bringen konnte. Das sind die Früchte meiner Arbeit und meiner Leidenschaft. Doch die Freude daran ist das Wichtigste.
Meine Familie
Am 21. Juli 1969 wurde ich geboren, am Tag, als der erste Mensch den Mond betrat. Ich würde mich aber eher als bodenständig bezeichnen. Wie meine ganze Familie – Landwirte seit Generationen. Auf dem Hof in Rheinberg, den ich 2003 von meinem Vater übernommen habe, leben wir als Familie eng verbunden. Zu den besten Zeiten lebten hier vier Generationen: Meine Großmutter, die 102 Jahre alt wurde, und erst in den letzten beiden Jahren ernsthaft schwächelte. Meine Eltern. Ich mit meinem Lebenspartner Wolfgang Urban und meinem Sohn Frederik. Und meine ältere Schwester Claudia mit Familie.
Als Mädchen wuchsen meine Schwester und ich wie von selbst in das Reiterleben hinein. Im Reitverein Graf von Schmettow Eversael, nicht weit vom Hof gelegen, spielte sich ein großer Teil unserer Jugend ab. Die erste Zigarette wurde hinter der Reithalle geraucht. Den ersten Apfelkorn gab es hinter dem Wall. Dreimal die Woche erschienen wir beiden Schwestern mit unseren Ponys zum Reitunterricht, zweimal zur Dressur, einmal zum Springen. Am Wochenende wurde ausgeritten mit zehn oder fünfzehn Kindern, mit dem Rucksack auf dem Rücken. Wir machten Spielchen, Geschicklichkeitsreiten, Indianerspiele, Ringestechen, Karnevalsreiten. Die Pferde mussten Hütchen, Herzchen, Glitzer und Glimmer tragen, sie wurden ebenso phantasievoll verkleidet wie wir. Es wurde über Wiesen gejagt und mit den Pferden im Rhein gebadet.
Unsere Mutter fuhr uns zu den ersten Turnieren und unterstützte uns nach Kräften. Sie sagte: Wenn ihr nur spazieren reiten wollt, dann müssen wir den ganzen Aufwand nicht betreiben. Und wenn ihr Turniere reiten wollt, dann intensiv. Dann machen wir es richtig, und keine Spielerei. Für die Schule lernte ich nachts. Ganz ähnlich, wie ich das später mit dem Jura-Studium machte.
Als ich Kind war, bestellte unser Vater die 22 Hektar Land nahezu alleine. Er betrieb die klassische Mischwirtschaft, wie es sie jahrhundertelang fast unverändert gab, die aber heute fast ausgestorben ist.
Meine Schwester und ich wuchsen inmitten all der Tiere auf. Als Kind geht man total unvoreingenommen vor, ohne darüber nachzudenken. Das Pferd ist da, der Hund ist da. Und man entwickelt nicht von Haus aus eine Angst, sondern das Tier ist Teil des täglichen Lebens, ist fast schon Teil der Familie. Man geht morgens in den Stall, die Tiere werden gefüttert, es ist ein Rhythmus, ist schlicht Verantwortung, und damit wächst man auf.
Durch das enge Aufwachsen mit all den unterschiedlichen Tieren hatte ich die Möglichkeit, eine selbstverständliche Beziehung zu ihnen zu entwickeln. Die Zuwendung, die damals begann, ist der Schlüssel zu meiner Freude am Leben mit Pferden. Und damit auch zu meinem Erfolg.